MES PROVINCIALES – FILMKRITIK
Eigenwillige Nähe zur Wirklichkeit
Mes provinciales von Regisseur Jean-Paul Civeyrac zeigt in schönen Schwarzweiß-Aufnahmen eine melancholische Studie über erste Lebenserfahrungen. Zugleich ist es eine Liebeserklärung an das klassische Kino und an die Stadt Paris.
Voller Erwartungen kommt Etienne aus Lyon in die französische Hauptstadt. Er will Filmregie studieren und lässt seine Freundin Lucie mit dem Versprechen zurück, sich regelmäßig per Skype zu melden. An der Universität trifft er auf Jean-Noël und Mathias, die ebenfalls aus kleineren Städten kommen. Während sich Jean als umgänglicher Freund erweist, der Etiennes fragiles Selbstbewusstsein zu stärken versucht, wirkt Mathias oft streng, unnahbar und geheimnisvoll. Alle drei teilen aber dieselbe Leidenschaft fürs Kino, und so diskutiert man über Filmklassiker, liest Texte von Flaubert und Pasolini, hört Bach und Mahler. Im Laufe des Films werden aus den Freunden Kollegen und Rivalen. Sie genießen das Leben weit weg von zu Hause. Verlieben sich in ihre Mitbewohnerinnen und sind bereit, für alles einen Preis zu zahlen.
Über vier Akte bringt der Film sein Zuschauer ganz nah an die Figuren heran. Man taucht mit ihnen in das Studentenleben in Paris ein, lässt sich treiben und entdeckt mit Etienne die Liebe, die Kunst und das Leben. Bis zu dem Moment, als ihm in aller Härte seine Grenzen aufgezeigt werden. Es ist die eigenwillige Nähe zur Wirklichkeit, die diesen Film sehenswert macht. Eine Geschichte mit autobiografischen Verweisen auf den Regisseur Civeyrac, der an der berühmten Filmhochschule La Fémis in Paris lehrt. Der ein Liebhaber des klassischen europäischen Kinos ist. Und ein Meister darin, es wieder auferstehen zu lassen.