BLADE RUNNER 2049 – FILMKRITIK

Mit „Blade Runner 2049″ gelingt Regisseur Denis Villeneuve eine bildgewaltige, philosophische, wenn auch leider zu verzagte und langatmige Fortsetzung des ScienceFiction-Klassikers. 

 

35 Jahre nach dem ersten „Blade Runner“ kehren wir in die dystopisch-düstere Welt von Neonlicht und Replikanten zurück. Dabei baut der zweite Teil für die Fortsetzung ein weiteres Mal das Los Angeles, der gar nicht so fernen Zukunft auf – diesmal aber ergänzt durch eine vom Sandsturm heimgesuchte Geisterstadt, die einmal Las Vegas war und eine von barbarischen Gestalten bevölkerten, endlosen Müllhalde namens San Diego.

Der Haus- und Hofmusiker Hollywoods Hans Zimmer lässt dabei die Stimmung der lauten, trostlosen und niemals schlafenden Stadt Los Angeles, neben den eindrucksvollen Bildern, in wuchtigen Klängen wirken, so dass man als Zuschauer im Windschatten der Figuren durch die engen, neonbeleuchteten Gassen streift, in denen es immer Nacht ist und regnet. Bevölkert wird LA vor allem von Hologrammen, Prostituierten und zwielichtigen Händlern.

Die Handlung des Films baut sich dabei weniger spannungstreibend auf. Der blinde Visionär Niander Wallace (Jared Leto) will im kapitalistischen Größenwahn die Herstellung der künstlichen Menschen wiederaufnehmen und ist auf der Suche nach dem ersten natürlich erzeugten Replikanten, der bereits 2021 geboren wurde, aber seitdem verschwunden ist. Während ältere und entflohene Nachbildungen nach wie vor von Killern des LAPD, den Blade Runnern, gejagt werden.

 

 

Mit seinem fliegenden Sportwagen schwebt in diesem Teil ein neuer Runner namens K, durch die Luft. Gespielt wird er von Ryan Gosling, der seit dem Film „Drive“ für die Rolle des anständigen, verlässlichen, aber still leidenden Anbieters fragwürdiger Dienstleistungen geradezu prädestiniert ist.

Auf seiner Mission, ebenfalls den verschwundenen Replikanten zu suchen und zu töten, gerät er nicht nur zwischen die Fronten von Gesetzeshütern, dem mächtigen Wallace-Konzern und seinen Mitarbeitern, sondern begibt sich auch auf einen Selbstfindungstrip, was die Handlung des Films noch weiter zerstückelt. Denn während K‘s Ermittlungen kommen nicht nur Zweifel an seiner Vergangenheit, sondern auch grundlegende Fragen über Identität, Existenz und das Leben selbst auf, was der ganzen Story zwar philosophischen Tiefgang gibt, aber im Gegensatz zu Denis Villeneuves letztjährigem Sci-Fi-Meisterwerk „Arrival“, zu sehr die Dynamik des Films nimmt.

Dazu kommt, dass der Film nach K’s vermeintlicher Selbstfindung, im letzten Drittel viel zu schnell, viel zu viel beliebige Twists und pseudo-tiefgründige Dialoge aneinanderreiht. K muss aus LA verschwinden, sucht den gealterten Deckard (Harrison Ford) auf, der sich als Einsiedler mit Hund in einer postapokalyptischen Casinostadt besäuft. Eine aufrührerische Replikantin mit Privatarmee lässt K‘s Hoffnung ein menschliches Wesen zu sein, in einem einzigen Satz, wie ein angestochenes Soufflés in sich zusammenfallen und damit die Hauptfigur wortwörtlich abseits im Dauerregen von LA stehen. Ein wort-, wie bedeutungsloser Endkampf und eine wirklich belanglose Familienzusammenführung, runden einen eigentlich gut begonnenen Film ab.

All das ist verpackt in einer Future-Noire-Geschichte, die sich oft zu viel Zeit für jede ihrer Figuren nimmt und oft ganz bewusst den Fuß vom Gas nimmt, weshalb der Eindruck entsteht, dass „Blade Runner 2049“ zu viel und zu wenig zugleich erzählt. Es scheint so, als wäre die Geschichte längst auserzählt, was beim Zuschauer zu langanhaltenden Gähn-Attacken führt. So sieht dieser zweite Blade Runner zwar toll aus und klingt fantastisch, ist auch angemessen aufwendig produziert worden und gut besetzt, jedoch hätte er ein Drehbuch gebraucht, das die Energie vom Anfang, über 160 Minuten des Films trägt und das Ganze in einer Runden Story zu Ende erzählt.