1917 – FILMKRITIK
„1917″ hat bereits zwei Golden Globes gewonnen und wird mit Sicherheit auch bei den Oscars abräumen. Der Film von Regisseur Sam Mendes hat es damit bereits zu Beginn des Jahrzehnts geschafft, einer der meist überschätzten Filme der Dekade zu werden.
Es ist der 6. April 1917 und der erste Weltkrieg tobt in Europa. Das Deutsche Reich und die Alliierten bekämpfen sich in einem vernichtenden Grabenkrieg, ohne dass sich die Frontlinie auch nur einen Millimeter verschiebt. Doch nun sollen sich die deutschen Truppen plötzlich weit zurückgezogen haben. Ein 1.600 Mann starker britischer Trupp sieht dieses Zeichen als Schwäche und plant im Morgengrauen einen Angriff. Das Hauptquartier der Alliierten hat aber davon Wind bekommen, dass es sich um eine Falle der Deutschen handelt. Ohne Warnung würden die 1.600 Männer in den sicheren Tod gehen.
Ihre letzten Chance auf Rettung sind die zwei jungen Soldaten Blake (Dean-Charles Chapman) und Schofield (George MacKay). Sie sollen die Informationen an den Trupp übermitteln, damit der Angriff doch noch in letzter Sekunde gestoppt wird. Dafür müssen sie allerdings mitten durch die Todeszone zwischen den Frontlinien.
Die beiden machen sich auf den Weg und die Kamera von Roger Deakins folgt ihnen nahezu schnittlos. Man kommt nicht umhin, die starke Inszenierung und die eindrucksvolle Organisation von „1917“ zu loben. Im Gegensatz etwa zum Film „Victoria“ wurde aber nicht wirklich in einer einzigen Einstellung gedreht. Es entstanden aber dennoch starke Bilder, die den Zuschauer unmittelbar in die dreckig verschlammten Schützengräben des ersten Weltkriegs holt. Mit dieser Arbeit sollte Deakins‘ zweiter Oscar so gut wie sicher sein.
Allerdings steht alles was man an diesem Film bewundert, wie die kunstvolle Ästhetik und die Kameraführung, vor dem Schrecken des Krieges. Und so sind die tollen Bilder letztendlich nur ein Vorwand für eine ziemlich banale Geschichte. Die Kunstanstrengung ist so dominant, dass der Zuschauer überhaupt nicht von der Handlung oder den Charakteren ergriffen wird. Alles wirkt zu glatt und organisiert. Und selbst die großen Stars in „1917“, wie Colin Furth oder Benedict Cumberbatch haben nur ganz kurze Auftritte, in denen sie ihre Charaktere nicht entwickeln können. Dafür gibt es immer wieder einzelne Episoden, die die Grenzen des Kitsch überschreiten.
Letztlich geht Sam Mendes‘ „1917“ nicht über die banale Tatsache hinaus, dass Krieg etwas furchtbares ist. Ein Film der einerseits durch seine Bilder große Bewunderung hervorruft und gleichzeitig eine innere Leere zeigt.